Was tun bei Flugangst

Reisen in der Luft

 

Viele Menschen steigen nicht gerne in ein Flugzeug. Flugangst (Aviophobie) ist ein sehr weit verbreitetes Phänomen, dass zeitweise sogar Vielflieger und selbst Flugpersonal betrifft. Natürlich ist die Reise mit einem Flieger aus statistischer Sicht eines der sichersten Verkehrsmittel. Trotzdem gilt die Reise mit dem Flugzeug als Angstmacher Nummer Eins und als Urlaubshindernis.

Wir sprachen mit Ingrid Richter über ihre Erfahrungen und Expertise zum Thema Flugangst. Ingrid Richter konnte vielen Menschen am Telefon bei ihren Flugängsten weiterhelfen, damit diese trotz Ängste ihre Reisen stressfrei und mit weniger Problemen erleben konnten.

Der Flughafen von Funchal auf der portugiesischen Insel Madeira gilt als einer der 10 gefährlichsten Flughäfen der Welt. Im Jahr 2000 wurde die ursprünglich knapp 1800 Meter kurze Start- und Landebahn aus Sicherheitsgründen auf fast 2800 Meter verlängert. Foto: Touristikzeitung
Der Flughafen von Funchal auf der portugiesischen Insel Madeira gilt als einer der 10 gefährlichsten Flughäfen der Welt. Im Jahr 2000 wurde die ursprünglich knapp 1800 Meter kurze Start- und Landebahn aus Sicherheitsgründen auf fast 2800 Meter verlängert. Foto: Touristikzeitung

INTERVIEW mit Ingrid Richter

Touristikzeitung: Wie kommt man darauf eine Flugangst-Hotline zu eröffnen?

Ingrid Richter: Die Idee dazu ist entstanden, als ich mit meinem selbst entwickelten Selbststudienkurs eine Umfrage bei Betroffenen gemacht habe, was sie sich noch wünschen würden. Die Antwort lautete:“Eine schnelle Hilfe, die mich unterstützt, wenn ich mir noch nicht die Zeit genommen habe, den Kurs ganz durchzugehen.“
Natürlich hat mich als Coach interessiert, was das Hindernis ist, den Kurs rechtzeitig zu starten. Die Antwort lautete: „Ich vertage alles auf später und plötzlich ist der Tag da, und nichts ist passiert.“
Leider ist es immer noch so, wenn man ein Problem nicht oft genug im Jahr hat, löst man es nicht. Oder es wird verdrängt und auf später vertagt.

Touristikzeitung: Wollen die Betroffenen überhaupt etwas verändern, oder ist es ihnen gleichgültig, wenn sie von Ängsten geplagt, den Urlaub planen, buchen und antreten?

Ingrid Richter: Das ist ganz unterschiedlich. Oft ist es so, man will sich die Blöße nicht geben, von etwas Unbekannten Angst zu haben. Die Flugangst ist immer noch ein Tabuthema, das Viele betrifft, jedoch keiner so wirklich zugeben will. Erst, wenn die Angst so groß wird, dass noch andere Ängste ins Spiel kommen, wird endlich etwas unternommen.

Touristikzeitung: Welche Ängste gehören denn zur Flugangst dazu?

Ingrid Richter: Sehr verbreitet ist die Platzangst, die Angst vor einer Panikattacke im Flugzeug – zum Beispiel nicht aussteigen zu können, Höhenangst, aber auch die Angst vor der Tiefe, unter denen übrigens auch Menschen die Schiffsreisen vermeiden leiden.

Touristikzeitung: Wie viele Menschen leiden den unter Flugangst und was wird für diese angeboten?

Ingrid Richter: Ca.8 % leiden unter schwerer Flugangst und vermeiden es Flüge anzutreten, bzw. reisen nur sehr wenig mit dem Flugzeug. Ca.16 % der Reisenden steigen mit ungutem Gefühl in einen Flieger ein.
Viele lesen Bücher, besuchen einen Flugsimulator oder buchen bei Airlines, oder Coaches Trainings.
Das Geheimnis liegt eigentlich darin, dass viele Betroffene, die Denkweise, das Bewerten von Situationen und damit entstehenden Gefühlen verändern sollten (müssen). Nur so, kann ein dauerhafter Erfolg erzielt werden.
Eigentlich alle Ängste entstehen durch ein Kopfkino, das eingeschaltet wird und die Gefühle, Bilder und Gedanken erzeugt. Verändere ich diese Vorstellungen so, dass man sie wirklich fühlen kann, werden sich auch die Verhaltensweisen verändern.
Nur, Sie können sich das sicher vorstellen, geht das nicht von „Heute auf Morgen“. Wir rechnen mit mindestens 3 – 6 Monaten.
Genau aus diesem Grund ist die Hotline entstanden. Menschen lieben es den bequemsten Weg zu gehen. Hoffen, dass diesmal das Kopfkino klein bleibt, oder sich nicht zeigt und man sich deshalb nicht mit sich selbst auseinandersetzen braucht.

Touristikzeitung: Das klingt ja sehr hart.

Ingrid Richter: Natürlich könnte ich jetzt alles schönreden, das sind jedoch die Fakten.
Weil es so ist, habe ich mir natürlich Gedanken gemacht, was positiv verändert werden sollte. Nicht zuletzt, betrifft die Angst ja auch den mitreisenden Partner, den Platznachbarn – manchmal sogar die ganze Familie. Was tun, wenn ein Elternteil plötzlich nicht ins Flugzeug einsteigen will, oder vorher schon dauernd Unruhe stiftet mit Fragen:
Fahre ich mit oder bleib ich zu Hause? Was ist wenn …. Soll ich wirklich...
Die Hotline, kann man egal, wann es nötig ist, anrufen und bekommt Unterstützung. Ziel der Hotline ist es, den Reisenden mit Flugangst, soweit zu bekommen, dass er entspannt/er ins Flugzeug einsteigt.
Mit individuellen Tipps für den Betroffenen, aber natürlich auch für die Familie oder Mitreisenden, die indirekt davon etwas abbekommen.

Touristikzeitung: Was würden Sie empfehlen, wenn in einer Familie ein Mitglied darunter leidet, Angst vorm Fliegen zu haben?

Ingrid Richter: Es gibt einige Empfehlungen:
1. Sich die Flugangst und die damit verbundenen Ängste einzugestehen.
2. Eine Entscheidung zu treffen, will ich so für den Rest meines Lebens weiter machen, oder will ich das Problem/e angehen.
3. Diese Entscheidung der Familie/Partner mitteilen und bitten sie dabei zu unterstützen.
4. Sich einen Coach des Vertrauens zu suchen und mit ihm/ihr rechtzeitig mit dem Training beginnen.
5. Sollte die Flugangst kurzfristig aufgetreten sein oder ganz neu, die Flugangst -Hotline anrufen.

Touristikzeitung: Vielen Dank für das Gespräch.

Vom Flughafen Frankfurt starten viele Menschen ihre Urlaubsreise. Foto: Touristikzeitung
Vom Flughafen Frankfurt starten viele Menschen ihre Urlaubsreise. Foto: Touristikzeitung

Tipps von Ingrid Richter für Reisende mit Flugangst

- bei der Flugbuchen bereits den Lieblingssitzplatz belegen
- darüber nachdenken, ob man sich Business Class gönnt, wegen Platz und Service
- rechtzeitig am Flughafen sein
- Lieblingsmusik während des Fluges genießen
- dem Flugpersonal mitteilen, dass man unter Flugangst leidet
- den Betroffenen in interessante Gespräche verwickeln.

Eine Entscheidung zu treffen, die einem langfristig hilft, ist die Ideallösung. Das bedeutet jedoch, sich dessen bewusst zu sein, der Ursache auf den Grund gehen zu wollen und zu dieser Entscheidung zu stehen. Veränderungen bedürfen den Mut sich Ängsten, Sorgen zu stellen und daran zu arbeiten, die Gegenwart und Zukunft stressfrei zu gestalten.


Ingrid Richter
Ingrid Richter

Seit 40 Jahren beschäftigt sich Ingrid Richter mit dem Thema Angstgegner und Angstsituationen. Ängste beeinflussen die Leistungsfähigkeit eines Menschen - doch nicht immer ist die Angst richtig. Speziell im Sport, wie beispielsweise Tennis, können wenige Sekunden der Angst über Sieg oder Niederlage entscheiden.

www.stressfrei-fliegen.de

www.flugangst-hotline.com