Schlaulenzen: Warum Urlaub mehr als Erholung bringt

Reisen zu Land

 

Urlaub ist die Zeit der Erholung, des Ausspannens, des Seele-Baumeln-Lassens. Endlich können Sie mal so richtig faul sein. Manch’ einen beschleicht dann ein schlechtes Gewissen, weil er meint, er müsse seine Zeit doch sinnvoll nutzen. Unser Gastautor Jürgen Alef sagt: Sie können Ihre Zeit gar nicht besser nutzen, denn Urlaub ist nicht Faulenzen, sondern Schlaulenzen:

Vor einigen Jahren – genauer im Herbst und Winter 2015/16 – erfüllten meine Frau und ich uns einen lange gehegten Traum: Wir machten eine großartige Motorradreise durch ganz Südamerika. An dem Tag, von dem ich Ihnen heute erzählen möchte, durchquerten wir gerade das argentinische Jujuy-Gebiet mit seinen bunten und skurrilen Felsformationen. Wir fuhren entlang der Routa Cuarenta, der mit 5.301 Kilometern längsten Nationalstraße. Sie beginnt im Norden Argentiniens und führt bis ganz in den Süden nach Feuerland – einfach herrlich.

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In dem Örtchen Santa Maria del Yocavil wollten wir Mittagspause machen. Als wir auf unseren beiden Maschinen dort ankamen, wirkte das Nest wie ausgestorben, doch am Ortsrand fanden wir einen Kiosk, der offen hatte. Schnell anhalten, Motoren aus, Seitenständer raus, Helm ab – nicht dass der Kiosk noch vor unserer Nase schließt.

Immerhin hatte der Typ hinter dem Tresen Wasser, etwas altes Brot, zwei Tomaten und ein Stück Käse für uns. Das sollte reichen. Wir setzten uns damit an die Bretterwand des Kiosks in die Sonne und begannen zu essen.

Zwei Meter neben uns saß ein älterer Mann mit sonnengegerbter Haut und typischer Gauchomütze. Er hatte schon bei unserer Ankunft dort gesessen, nur kurz zu uns herüber geschaut und dann weiter in die Ferne geblickt. So saßen wir einige Zeit stumm nebeneinander.

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Zugemüllt

Unser Kopf und unser Körper befinden sich in unseren Alltagswelten in einem Dauerbelastungszustand. Der macht den Kopf voll mit Alltagsmüll, es entsteht eine echte Denkmüllhalde.

Solche Halden im Kopf kennen wir alle. Die spüren wir vor allem nachts inmitten hektischer Zeiten. Wir liegen im Bett, alles ist still und friedlich. Nur der Kopf rotiert wie bekloppt. Alles fällt uns auf einmal ein. Je mehr wir den Kopf abstellen wollen, desto öfter denken wir das gleiche Thema immer wieder. So fühlt sich dieses eine Problem wie zehn Probleme an. Leider gibt es für diesen nächtlichen Kopfmüll keine Lenzpumpe mit Sofortwirkung. Fernsehgucken oder Rotweintrinken erweitern und multiplizieren den Müll im Kopf nur noch.

Das eigentliche Problem ist aber, dass diese Müllhalden unsere Denkpotenziale überdecken. Wir kommen einfach nicht mehr ran.
Es muss uns, mir und Ihnen, also (mehr) gelingen, den unbedeutenden Denkmüll aus dem Kopf zu lenzen …

Volle Kraft für die Langsamkeit

Falls Ihnen der Begriff „lenzen“ nicht geläufig ist: Der stammt aus der Schifffahrt und bedeutet, eingedrungenes Wasser, das das Boot schwerfällig und schlechter lenkbar macht, zu entfernen. Und darum geht es beim Entfernen des Denkmülls auch: Mit diesem Schlaulenzen schaffen Sie wieder Platz für die Nutzung Ihres Potenzials. Also: Alle Lenzpumpen volle Kraft, raus mit den Verstopfungen. Und das geht ganz hervorragend im Urlaub, denn Sie haben endlich Zeit für Langsamkeit.

Langsamkeit ist tatsächlich der Schlüssel zum Schlaulenzen. Solange um Sie und in Ihnen nur Hektik herrscht, kommen Sie nicht an Ihre Potenziale ran. Dabei haben Sie unendliche viele davon – garantiert!

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Nutzen Sie deshalb Ihren Urlaub nicht nur für trubelige Action und kurzweiligen Spaß, sondern auch dafür, in die Langsamkeit, in die Ruhe und zu Ihren Potenzialen zu kommen. Sie werden daran wachsen und auch im Alltag Ihre Möglichkeiten besser nutzen können: Schlaulenzen hat eine nachhaltige Wirkung.

Ich selbst rufe mir diese Tatsache immer wieder ins Gedächtnis, indem ich an ein ganz besonderes unter unseren vielen Reiseerlebnissen denke …

Muy tranquila

Aber um nun noch einmal auf Argentinien zurückzukommen: Das Essen und die Sonne am Kiosk in Santa Maria del Yocavil taten gut. Unser Puls wurde ruhiger.

Nach einer guten Weile drehte der Mann den Kopf zu mir und schaute mich lange an. Dann sagte er etwas in ruhigem Tonfall. Er wiederholte den Satz mehrfach und dieser klingt mir heute noch in den Ohren:
„La gente aquí es muy tranquila, muy tranquila ...“ – „Die Leute hier sind sehr ruhig, sehr ruhig …“

An diese Ruhe, die er ausstrahlte, denke ich noch heute, wenn die Hektik des Alltags mich einzuholen droht. Ich habe mich auf unseren Reisen schlaugelenzt – und das können Sie auch!

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